Anschnallen, los geht’s – 7 Sicherheitspunkte für starke Eltern

An mich als Psychotherapeutin wird zunehmend von Eltern die Frage gestellt, wie sie trotz der derzeitigen eigenen inneren Verunsicherung, die sie in sich tragen, ihren Kindern und Lieben viel Sicherheit und Halt mitgeben können.

 

In dieser Spannung zwischen dem inneren „Halt in mir“ und dem natürlichen Bedürfnis, Sicherheit und Halt zu geben, stehen wir auch in Nicht-Corona-Zeiten – nur ohne es zu merken. Derzeit ist diese Spannung sehr stark in uns spürbar, da wir alle die Unsicherheiten und aufkommenden Turbulenzen intensiv miterleben. Manchen scheint der Boden unter den Füßen sogar wie weggezogen. Wenn Sie als Eltern wieder genügend Halt und Balance in sich selbst finden, kann neues Vertrauen in Ihrer Familie wachsen und Sie werden Ihren Kindern viel Ruhe und Sicherheit geben können. Ihre Gefühlsturbulenzen sind derzeit völlig normal – wir befinden uns alle in einer Ausnahmezeit, die wir täglich versuchen aufs Neue abzuschätzen und einzugrenzen. Das innerpsychische Stressniveau ist nach wie vor hoch.

 

Als ich in Coronawoche drei für den Wocheneinkauf ins Auto gestiegen bin und mich angeschnallt habe, wurde ich nachdenklich: So ein Sicherheitsgurt, unscheinbar im Auto integriert, kann doch so bedeutsam werden. Er ist doch genau das, was Eltern derzeit so dringend für Sich und Ihre Kinder brauchen!

Ich möchte Ihnen daher heute so einen „Sieben-Punkt-Sicherheitsgurt“ mitgeben, mit dem Sie sich in den Auf und Ab‘s des familiären „Alltagsverkehrs“ wieder viel sicherer fühlen können. Einfach anschnallen und los geht’s!

 

Der erste konkrete Sicherheitspunkt ist:

 

  • Gestehen Sie sich ein, dass Sie unsicher sind/ Angst haben: Das fällt nicht immer leicht; wir sind es gewohnt das Leben „im Griff“ zu haben, alles vorauszuplanen. Ihre Angst ist in dieser Ausnahmesituation ganz normal. Der Keim der Angst ist der Verlust von Halt – von gewohnten Lebensrhythmen, Kontakten, Aufgaben usw. Das Positive dabei: Angst ist existentiell gesehen der Königsweg der Existenz. Sie wirft uns auf uns selbst zurück; wir müssen uns in der Angst UNS SELBST stellen – und das kann uns weiterführen!
  • Akzeptieren Sie die Situation, so wie sie gerade ist: Sie müssen die aktuelle Lage mit den damit verbundenen Einschränkungen keinesfalls „gutheißen“. Versuchen Sie diese jedoch zumindest auszuhalten. Welche Möglichkeiten bietet Ihnen Ihr Leben immer noch? Sie können vielleicht spazieren gehen, für Abwechslung sorgen, indem Sie etwas Leckeres kochen, basteln, Brettspiele spielen und Opa und Oma auf Facetime besuchen.
  • Bauen Sie in kleinen Schritten neues Vertrauen in ihre Welt auf: Beginnen Sie mit dem Vertrauensvorschuss innerhalb der Familie, indem Sie in Ihrer gemeinsamen Planung „kleine Päckchen“ für jeden Tag schnüren und genug gemeinsame Entspannungszeiten einplanen. Ihr Leben darf sich jetzt ruhig auch einmal verlangsamen oder „aus der Reihe tanzen“, nicht alles muss nach Plan laufen. Vielleicht waren Sie gerade in Ihre Mails vertieft und Ihre Kinder nutzten diese „Atempause“, um zu toben oder eine Höhle mitten im Wohnzimmer zu bauen? Bevor die Stimmung kippt – holen Sie lieber eine Taschenlampe und lesen Sie den Kids eine spannende Geschichte darin vor. Berücksichtigen Sie dabei, dass dieser Aufbau von Vertrauen für jedes Familienmitglied sehr unterschiedlich sein kann:

Erinnern Sie sich an das, was jeden von Ihnen normalerweise trägt und was Sie zusammenhält! Bei einem ist es die Natur, beim anderen der geliebte Vierbeiner, ein gutes Gespräch mit einem Freund, genügend Schlaf, ein nettes Spiel im engen Familienkreis, das Sie auf andere Gedanken bringt oder möglichst gute und sachliche Informationen. Manche brauchen nun wesentlich mehr Zeit für sich, oder wünschen sich im Gegenteil genügend Arbeit oder wollen vielleicht etwas Hilfreiches für andere tun. Andere trägt ihr konkret gelebter Glaube. Ich lade Sie ein, kurz innezuhalten: Was ist der Grund und Boden, auf dem ich stehe? Was trägt mich, worauf kann ich mich bei mir verlassen?

  • Planen Sie familiäre Überraschungen mit ein: Sie beleben und lockern alle auf. Mit ein paar Gummibärlis können Sie Ihr kleines trauriges Kind in einem Rollenspiel aufheitern. Die Bärlis erzählen, wie es Oma und Opa oder den Freunden gerade geht und am Schluss dürfen die Bären-Trostpflaster gemeinsam genüsslich verzehrt werden. So etwas tut jetzt auch abgespannten Eltern gut! Ein ausgiebiges Bad, eine Entspannungsmassage, ein Kaffee zur morgendlichen Videokonferenz – haben Sie Mut, erfinderisch zu sein!
  • Lernen Sie sich anzuvertrauen: Holen Sie sich gerade jetzt viel Zuspruch von Freunden, von Ihrem (Ehe)Partner oder, wenn Sie gläubig sind, im vertrauensvollen Gebet. Lernen Sie vom Vertrauen Ihrer Kinder. Sie schaukeln, hüpfen und toben. „Ihre Welt dreht sich ganz normal weiter“.
  • Willigen Sie in das Restrisiko ein – das ist ein Akt der Demut und hat nichts mit blindem Vertrauen oder Übermut zu tun. Unser Leben ist nie zu 100 % sicher. Denken Sie nochmals an das Autofahren. Ein guter Sicherheitsgurt ist überlebenswichtig, kann aber trotz allem nicht jede Gefahr abwenden.
  • Und schließlich: Es gibt immer ein Stückchen Welt, das Sie und nur Sie verbessern können! Fangen Sie daher immer bei sich selbst an, bei der Stimmung, die Sie verbreiten, bei dem, was Sie sagen, oder heute lieber nicht sagen.

 

Ich wünsche Ihnen viel Ruhe und Sicherheit und in alledem auch schöne Momente, Ihre Petra Ganneshofer

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